Alleine geht gar nix

Rede zur Verleihung des Frauenpreis der Stadt Wien 2023, Clara Gallistl

Ich bedanke mich für den Frauenpreis der Stadt Wien in der Kategorie „Alltagsheldin“. Danke an alle Menschen, die mich auf meinem Weg begleiten. Wir alle wissen, alleine geht gar nix. Heute ist der harte Kern der Rapid-Frauen hier – danke für eure Komplizinnenschaft – danke fürs Gemeinsam leiwand sein! Und an euch: Jungs – die ihr den Antrag und alles rundherum mit mir in unserer Freizeit gemeinsam erarbeitet habt.

Danke an meine Familie und Friends: Ihr steht bedingungslos hinter mir, zeigt mir, dass ich mutig sein kann.

Denn letztlich ist es immer so: Das große Ganze beginnt im unsichtbaren Kleinen. Der Antrag „zur Entwicklung einer Strategie für das SK Rapid Frauenteam“ war am Anfang nur eine Idee im Kopf einer Handvoll Leute, die mit einem Bier in der Hand vorm „Schlurf“ gestanden sind – dem legendären Etablissement gegenüber vom Weststadion.

Diesen Sonntag findet das erste Liga-Spiel der U8- und U12-Mädchen statt.

Dazwischen liegen zwei Jahre.

Diese Geschichte hat noch einen anderen Anfang: Sie beginnt mit einer Zehnjährigen im Kindersektor, Ende 1990erjahre. In ihren Augen spiegelten sich die Bengalen des legendären Block West, der leiwandsten kreativsten Fankurve Österreichs.

Damals ist etwas passiert mit mir. In diesem Moment wusste ich: Da will ich hin, dort will ich sein. Ich wollte dort sein, wo es laut ist, wo gemeinsam gesungen wird, wo’s brennt!

Zwischen damals und heute liegen 25 Jahre.

Jetzt bin ich da, wo’s brennt. Und ich zündle gerne weiter.

Das lodernde Feuer verbindet Feminismus und Fußball: Eine solidarische Gemeinschaft mit kämpferischem, kritischem Geist, die mit Hoffnung und Freude in die Zukunft schreitet.

Als Rapid-Fan wissen wir, es ist ein weiter Weg und ein harter. Wir halten die Fahnen hoch und stecken die Jugend mit unserem Feuer an, „immer und überall“ – das gilt eben auch für den Feminismus wie den Fußball.

Ohne aktiven Support ist alles nichts. Es ist nie „nur Fußball“. Und es geht nie „nur um die Frauen“. Jede radikale Veränderung – und ja, ein Rapid-Frauenteam ist so eine – beginnt mit Leuten, die anwesend, laut sind, mitmachen, sich etwas ausdenken und dann dafür kämpfen – ein Feuer entzünden.

Es geht nicht nur um 11 Frauen am Spielfeld: Es wird sich alles verändern. Die Trainingsstruktur, das Marketing, das Sponsoring, die Publikumsstruktur, die Bilder in der Öffentlichkeit genauso wie der Alltag im SK Rapid.

„Wenn du dir das Rapid-Trikot anziehst, spielst du nicht für einen Verein. Du spielst für eine Gemeinschaft und eine Sache“. Dieses Zitat von Rapid-Legende Fredi Körner ziert das neue Trainingszentrum hinter dem Praterstadion. Jedes Kind, jeder Heranwachsende, jede Erwachsene, alle die bei Rapid eine fußballerische Ausbildung machen, lernen, Teil einer Gemeinschaft zu sein. Das ist Rapid.

Als Fan heißt das zum Beispiel, ich kann ohne Eintrittskarte zu einem internationalen Auswärtsspiel nach Zagreb fahren und ich weiß, dass spätestens vor Ort noch irgendwer ein Ticket für mich hat. Wir sind gemeinsam für etwas da, das größer als wir alles ist – als gelebte Praxis.

Für UNS heißt diese Sache Rapid.

Für UNS heißt diese Sache auch – Gleichstellung, Feminismus, Matriarchat. Wir alle verwenden verschiedene Begriffe für dieselbe Idee, nämlich, dass es wurscht ist, in welche Kategorie ich von anderen gesteckt werde. Frauen, Männer und „friends beyond the binary“ sollen ohne Angst vor Gewalt auf der Straße gehen können, in der Familie ein echtes Zuhause finden und im Beruf gleiche Chancen und Bezahlung bekommen. Es soll und muss egal sein, wer man ist – so, dass alle Menschen ihre Leidenschaften frei leben können. Ich will, dass sich alle cool finden können.

Und genau das macht Fußball. Im Block West kann ich laut sein und Raum einnehmen. Und die anderen im Block feiern das. Das ist „empowerment“. Und dieses Gefühl nehme ich mit in mein Leben außerhalb des Stadions. Es ist eine Art und Weise, wie man das Leben lebt.

„Wie geht es dir als Frau im Stadion?“ – diese Frage wurde mir oft gestellt und ich habe darauf nur eine Antwort: Tatsächlich habe ich im Stadion gelernt, dass ich mich nicht „als Frau“ fühle. Was alle Menschen bei Rapid verbindet, ist, dass wir alle eine ganz eigene Geschichte haben, ein eigenes Leben und vor allem auch eine eigene Meinung. Wie in der Gruppe der „Frauen“ sind auch unter Rapidler:innen nicht alle einer Meinung. Und das ist ein Euphemismus. Aber: wir halten zusammen. Wir sind gemeinsam für Rapid da.

Ich wünsche mir, dass alle Frauen – egal zu welchem Fanclub sie gehören – solidarisch miteinander sind. Von den Männern fordere ich diese Solidarität mit den Frauen auch. Wir alle müssen mit mehr Sportsgeist, Spaß, Großzügigkeit und Enthusiasmus für das große Ziel, eine gleichgestellte Gesellschaft kämpfen, ein Bier vorm Schlurf at a time.

Danke!

Alles für Rapid!

Fotos (c) PID/Martin Votava.

Portrait Videos der Ausgezeichneten des 22. Wiener Frauenpreis.

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